Mein schönstes Kindheitserlebnis

16.08.2023, 14:24 Uhr

Unsere kleine Serie läuft weiter! Diesmal haben wir Cordula Kreidl - Coachin und Organisationsentwicklerin - für eine Geschichte gewinnen können. Sie lässt uns an ihrem schönsten Kindheitserlebnis teilhaben und vermittelt uns damit ganz konkret, was "Chancen für Kinder" bedeuten könnte.

Cordula (hinten) mit Schwester Bettina

Eine Vorarlberger Bergwiese kann atemberaubend und faszinierend sein, denn reich an Vielfalt und Farbenpracht bietet sie eine bezaubernde Kulisse. Die Wiesen meiner Kindheit rundum unser Elternhaus in Wald am Arlberg wurden erst nach der Blüte zweimal jährlich gemäht und dann hüpften wir in den Heuböden herum. Im Frühjahr waren die blauen zarten Blütenblätter des Vergissmeinnichts zu sehen. Auf dem Weg zum Spielplatz nebenan befand sich ein struppiger Hagebuttenstrauch. Die Nüsschen im Inneren der Hagebutte sind mit feinen, widerhakenbestückten Härchen bedeckt, die bei Hautkontakt Juckreiz hervorrufen. Jeder wusste das und hatte es auch irgendwann mal unter den Pulli gerieben bekommen – dies waren die Spielchen.

Sauerampfer in Vorarlberg – Foto: Marke Vorarlberg

Aus reinem Vergnügen oder Langeweile kauten wir die langen säuerlichen Stiele des Sauerampfers, der einfach so am Wegesrand wuchs. In der Heilmedizin gilt dieses Wiesenkraut appetitanregend, vitamin-, mineralstoffreich und blutreinigend. Dies war uns natürlich nicht bewusst und die kleineren Kinder ahmten einfach den größeren nach. So trauten wir uns auch nicht den Ehrenpreis, das sogenannte Regenblümchen, zu pflücken, denn es würde danach ja regnen. Auch von der Brennnessel nahmen wir barfuß Abstand. Das Taubenkopf Leimkraut oder auch Klatschnelke genannt machte einen dumpfen Knall auf dem Handrücken. Obwohl die Blüten den ganzen Tag geöffnet sind, verströmen sie nur in den Nachtstunden einen kleeartigen Duft, um Insekten anzulocken. Zwischendurch naschten wir die kleinen Walderdbeeren und knackten Haselnüsse.

Brennessel – Foto: unsplash, Paul Morney

Viele Kinder können heute vielleicht noch den abgeblühten Löwenzahl verpusten – den findet man noch zwischen den intensiv bewirtschafteten Maisfeldern. Jedoch aus dem giftigen Hahnenfuß, der zu Hauf auf den überdüngten Wiesen wächst, lässt sich kein Blumenstrauß mehr pflücken. Wo gibt es noch die Wiesen meiner Kindheit? Da kommt schon ein bisschen Wehmut auf, dass diese Lebensräume immer seltener werden, teils versiegelt wurden oder einfach immer intensiver genutzt werden. Meine schönsten Kindheitserinnerungen sind Kränzchen aus Gänseblümchen und Blumensträuße von Rotem Klee, Schafgarben, Teufelskralle, Kuckucks- und Glockenblumen. Solche Erinnerungen wünsche ich allen Kindern in tiefer Verbundenheit zu unserem schönen Ländle und der Natur.“

Cordula auf der Wiese hinterm Elternhaus.
Taubenkopf, Leimkraut – Foto: Wikipedia

Cordula Kreidl, Organisationsentwicklerin www.carus.or.at, gebürtig in Wald am Arlberg und wohnhaft in Koblach