Lesen und philosophieren

14.10.2025, 11:28 Uhr
Wenn Vorarlberg bis 2035 zum chancenreichsten Lebensraum für Kinder werden möchte, dann ist Inklusion auf alle Fälle ein Thema. Wir haben uns in Langenegg dazu schlau gemacht. Schließlich heißt es in der dortigen Volksschule „wir sind eine Schule!“ Was bedeutet, dass alle Kinder hier einen Platz haben. Wie genau das aussieht, wenn man, wie zum Beispiel Julian Meusburger, schwer beeinträchtigt ist, ohne Sprache lebt und körperlich stark eingeschränkt ist, hat uns seine Mama Sonja geschildert.
Wir treffen uns zur Mittagszeit beim Kindergarten, wo sich alle treffen, die Kinder abholen, denn gleich dahinter ist auch der Zwergengarten für die Kleinen und auf der anderen Seite die Volksschule. Alle drei Gebäude liegen geschützt von der Hauptstraße hinter dem Dorfcafé. Hier ist wirklich viel Begegnung zwischen Jung und Alt möglich.
Sonja Meusburger hat drei Kinder, die alle gerne hier ihre Bildungseinrichtungen besuchen. Bis vor kurzem war die jüngste Tochter Valentina noch im Zwergengarten, die zweite Clea im Kindergarten, der älteste Sohn Julian in der Volksschule. Seit diesem Herbst hat die Familie eine Kindergärtlerin und zwei Volksschüler*innen.
Der Sohn Julian besucht die Förderklasse. Wir als Eltern haben uns für die Kleingruppenklasse für unseren Sohn entschieden. In der Förderklasse wird auf jedes Kind eingegangen und unterstützt wo es nötig ist. In der Klasse steht nicht das “lesen, rechnen, schreiben” im Vordergrund, sondern es wird mit basalen Einheiten und lebensnahen Themen gearbeitet, erklärt seine Mutter. Julian trifft aber auch immer wieder die Kinder mit denen er den Kindergarten besucht hat und hat so auch immer wieder Kontakt mit ihnen. In der SBZ-Förderklasse, sind Pädagogen mit einer sozialpädagogischen Ausbildung sowie Assistenzpersonal, auch seine Physio- und Logotherapiestunden finden in der Schule statt. Das erspart der Familie einiges an Zusatzterminen und Wegen. Und natürlich, die Schulfeste feiert man gemeinsam: „Wir sind eine Schule!“
Auch davor, im Kindergarten und im Zwergengarten hatte er eine 1:1-Betreuung durch eine speziell geschulte Sozialpädagogin. So ist Julian zwar bei den anderen Kindern dabei, hat aber doch den Raum und die Betreuung, die Ruhe und den Rückzug, den er auch braucht, um sich wohlzufühlen.
Da er nicht gehen kann, bringt ihn ein Taxi von der Schule heim. Die Schwestern warten schon und rufen laut seinen Namen, sie freuen sich auf den Bruder. Sonja Meusburger betont: „Uns geht es gut.“ Sie haben momentan zwar gerade eine Baustelle im Haus, weil ein Lift entsteht, aber das vergeht wieder.
„Wir fühlen uns mit dieser Lösung wohl“, erklärt sie. Jede Familie, die ein beeinträchtigtes Kind hat, sollte ihren eigenen Weg finden können. Hier in Langenegg ist jedenfalls Platz für alle Kinder und Jugendliche auch aus den Nachbargemeinden, in der Schule werden 4 VS Klassen und auch die Sonderpädagogischen und Berufsvorbereitungsklassen unterrichtet. So sind auch die anderen Kinder aus Langenegg immer wieder in Berührung mit Kindern, die eine Beeinträchtigung haben, das wiederum fördert die Empathiefähigkeit.