Tägliche Bewegung in Vorarlbergs Kindergärten und Schulen

21.02.2023, 12:12 Uhr

Vorarlberg setzt wichtigen Schritt zur Stärkung der Bewegungskultur für Kinder und Jugendliche. Zwei Pilotregionen - Bregenzerwald und Walgau - gehen hier mutig voran und verzeichnen auch schon erste Erfolge!

Seit Jahren wird angesichts der steigenden Zahl übergewichtiger Kinder und Jugendlicher die
bundesweite Einführung einer täglichen Bewegungseinheit an Schulen diskutiert. Eine
interdisziplinäre Arbeitsgruppe auf Bundesebene hat nun ein 3-Säulen-Modell für tägliche
Bewegung an den Schulen und elementarpädagogischen Einrichtungen entwickelt. Der Bund
finanziert hierbei eine Pilotregion pro Bundesland. Vorarlberg hat als einziges Bundesland eine zweite Pilotregion namhaft gemacht, welche aus Landesmitteln finanziert wird. Das Modell startet bereits im Schuljahr 2022/23 in den beiden Regionen Bregenzerwald und dem Walgau.

„Ziel ist es, in unserem Land eine breite Bewegungskultur zu etablieren und unsere Kinder und
Jugendlichen zu Bewegung und Sport zu animieren. Sport und Bewegung ist dabei nicht nur
gesund und hält fit, sondern macht auch Spaß“, so Landesstatthalterin und Bildungsreferentin
Barbara Schöbi-Fink und Sportlandesrätin Martina Rüscher.

Im Fokus der Vorarlberger Landesregierung steht hierbei die Gesundheit der Kinder und Jugendlichen aktiv zu fördern. Das Land Vorarlberg hat sich zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2035 chancenreichster Lebensraum für Kinder und Jugendliche zu werden.

Warum mehr Bewegung?

Bewegung ist ein Grundbedürfnis unserer Kinder und dient in erster Linie der Erfahrungsgewinnung und einer gesunden, ganzheitlichen Entwicklung. Die Erfahrungen, die Kinder beim Bewegen und Spielen machen können, gehen weit über den körperlich motorischen Bereich hinaus. Die vielfältigen positiven Auswirkungen von Bewegung auf die körperliche, motorische, psychosoziale und geistige Entwicklung unserer Kinder sind vielfach wissenschaftlich belegt. Die österreichischen Bewegungsempfehlungen fordern für Kinder und Jugendliche ein Minimum von 60 Minuten körperlicher Aktivität täglich. Die bestehende Datenlage zeigt jedoch, dass ein Großteil der Kinder in Österreich das empfohlene Bewegungsausmaß (noch) nicht erfüllt und die Teilnahme an Sport und Bewegung sozial ungleich verteilt ist.

Die Naturvielfalterschule in Andelsbuch-Bersbuch bewegt sich am liebsten im Wald.

Das Problem der körperlichen Inaktivität kann keine einzelne Organisation oder Institution
allein lösen. Dafür braucht es eine starke Zusammenarbeit aller für die Gesundheit unserer Kinder verantwortlichen AkteurInnen. Denn nur gemeinsam lässt sich ein ausreichendes Bewegungsangebot für Kinder und Jugendliche schaffen. Das Modell setzt genau am Kern der Problematik (zurückgehende körperliche Aktivität und abnehmende motorische Fähigkeiten) an und wird dem Bedürfnis der Kinder nach mehr Bewegung gerecht.

Schon bisher gibt es an vielen Bildungseinrichtungen lobenswerte Aktionen zur Bewegungsförderung und Motivation für eine gesunde Lebensweise. Auch der Bund setzt mit dem Bewegungsprogramm „Kinder gesund bewegen“ seit 2009 Impulse für Bewegungsangebote an Schulen und elementarpädagogischen Einrichtungen mit externen Bewegungscoaches oder von Sportvereinen.

„Tatsache ist aber, dass ein österreichweites Gesamtkonzept fehlt. Die vereinbarte Lösung ist ein wichtiger Baustein in der Bewegungsentwicklung“, freut sich Landesrätin Rüscher.

Für Sportlandesrätin Martina Rüscher ist ein großes Ziel der täglichen Bewegungseinheit, die
natürliche Bewegungsfreude der Kinder zu wecken, zu erhalten und zu unterstützen:

„Bewegung ist ein Grundbedürfnis unserer Kinder und wirkt sich vielfältig positiv auf die Gesundheit und Entwicklung der Heranwachsenden aus. Verbesserte motorische Fähigkeiten, ein gestärktes Selbstbewusstsein, erhöhte Konzentrationsfähigkeit, Freude an lebenslangem Sporttreiben, Teamfähigkeit, etc. werden durch tägliche Bewegung erzielt. Gesunde Kinder und Jugendliche haben für uns oberste Priorität. Meinen Dank gilt daher vor allem den Bewegungscoaches. Es freut mich sehr, wenn ausgebildete TrainerInnen in den Schulen und Kindergärten aktiv sind. Einen weiteren Dank gebührt auch den drei Dachverbänden – ASKÖ, ASVÖ und der SPORTUNION – für die Organisation der Bewegungseinheiten aus Säule 2 im „3-Säulen-Modell“.“

Den Kindern und Jugendlichen an den Schulen und Kindergärten der Pilotregionen soll ein Bewegungsangebot gemäß den Empfehlungen des „Fonds Gesundes Österreich“ ermöglicht werden. Das sind täglich drei Stunden für Kinder im Kindergartenalter bzw. täglich 60 Minuten im Pflichtschulalter. Zu
diesem Zweck wurde das „3-Säulen-Modell“ entwickelt.

„Die drei Dachverbände ASKÖ, ASVÖ und SPORTUNION freuen sich über den Start der täglichen Bewegungseinheit in Vorarlberg“, so Sebastian Gmeiner, Geschäftsführer der SPORTUNION Vorarlberg.

„Nach einer langen Planungs- und Vorbereitungsphase starten 18 neue Bewegungscoaches in ihre Arbeit an den Kindergärten, Volksschulen und Mittelschulen in den Pilotregionen Bregenzerwald und Walgau. Durch das Erfolgsprojekt „Kinder Gesund Bewegen“ der Dachverbände, welches seit zwölf Jahren die Kindergärten und Volksschulen bewegt, kommt nun der ersehnte weitere Schritt zur täglichen Bewegungseinheit in einer zweijährigen Pilotphase. Ein Dankeschön gilt auch dem Land Vorarlberg, welches früh die Finanzierung einer
zweiten Pilotregion zugestimmt hat und dadurch den Dachverbänden eine gewisse Planungssicherheit ermöglicht hat“, so Gmeiner.

Das 3-Säulen-Modell – Bildung, Gesundheit und Sport

Durch das Modell sollen die Österreichischen Bewegungsempfehlungen für Kinder und
Jugendliche im Kindergarten, in der Primarstufe und in der Sekundarstufe I erreicht werden. Das Modell wird als Pilotprojekt über zwei Schuljahre in allen Bundesländern ermöglicht. Das „3-Säulen-Modell“ baut im Kern auf dem sehr erfolgreich laufenden Programm „Kinder gesund bewegen 2.0“ (KiGeBe) auf. Im Pilotprojekt sollen in alle teilnehmenden Klassen vier Bewegungseinheiten pro Woche stattfinden. Diese werden aus dem Regelunterricht Bewegung und Sport mit Lehrpersonen und aus eigenständigen Zusatzeinheiten durch Bewegungscoaches (Säule 2) zusammengesetzt.

Darüber hinaus soll ein Kulturwandel hin zu „Bewegung“ unterstützt werden (Säule 1) und ergänzenden dazu individuelle, bedarfsorientierte Angebote zur Verfügung stehen (Säule 3). Alle drei Säulen sollen am Bildungsstandort gleichermaßen umgesetzt werden. Dadurch wird eine umfassende und nachhaltige Erhöhung der Bewegungszeit sichergestellt. Die Bildungseinrichtungen leisten durch ihre Teilnahme einen wertvollen Beitrag für die Gesundheit und Entwicklung unserer Kinder und Jugendlichen.

Die Umsetzung des Modells startet bereits im Schul-bzw. Betreuungsjahr 2022/23 und dauert zwei Jahre inklusive laufender Evaluierung. Die Finanzierung für eine Region pro Bundesland übernimmt der Bund. Die Länder können mit eigener Finanzierung ihre Pilotregionen ausweiten. Die Kosten der Pilotregionen in Vorarlberg belaufen sich auf insgesamt 1,2 Millionen Euro und werden vom Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlicher Dienst und Sport sowie dem Sportreferat des Landes Vorarlberg gemeinsam finanziert.
Für die Landesstatthalterin wurde durch die Pandemie einmal mehr deutlich, wie wichtig Sport für die körperliche und die psychische Gesundheit aber auch für den sozialen Zusammenhalt ist:

„Umso wichtiger ist es, dass Sport und Bewegung in allen Bereichen der Bildung einen gebührenden Platz einnimmt. Wir integrieren Bewegung in alle Bereiche der elementarpädagogischen Einrichtungen und der Schule, schaffen zusätzliche Angebote und unterstützen gezielt mit Bewegungcoaches. Damit legen wir den Grundstein für einen Kulturwandel im Bereich Bewegung und Sport. Wir setzen hier auf verschiedenen Ebenen an und schaffen neue kreative Sport- und Bewegungsmöglichkeiten. Gemeinsam mit den Sportvereinen bringen wir dabei mehr Bewegung in die Einrichtungen und Schulen und setzen einen weiteren Schritt zu mehr Gesundheit im Alltag. Mein Dank gilt daher den engagierten Pädagoginnen und Pädagogen sowie den Verbänden.“

Für Sport Austria Präsident Hans Niessl ist die Einführung der täglichen Bewegungseinheiten ein richtiger und wichtiger Schritt:

„Ich freue mich, dass nun die tägliche Bewegungseinheit in Pilotregionen aller Bundesländer Wirklichkeit wird! Dabei wird das mit dem Sport- und Bildungsministerium ausgearbeitete 3-Säulen-Modell mit der professionellen Unterstützung unserer Dachverbände in die Praxis umgesetzt. Dass immer noch 80 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Österreich die WHO-Vorgabe von einer Stunde Bewegung am Tag nicht erfüllen, beweist, wie wichtig die flächendeckende Ausrollung der täglichen Bewegungseinheit wäre. Diese Pilotphase dient dazu, Abläufe in der Praxis zu testen, dann zu evaluieren und zu optimieren. Die tägliche Bewegungseinheit liefert einen wesentlichen Beitrag für ein glückliches, erfolgreiches und gesundes Leben.“

Pilotregionen Walgau und Bregenzerwald

In beiden Pilotregionen werden insgesamt 226 Einheiten über die Bewegungscoaches wöchentlich durchgeführt. Die einzelnen Einheiten sind dabei auf 64 Einheiten in Kindergärten, 154 in Volksschulen und acht Einheiten in Mittelschulen aufgeteilt.

„Im Vordergrund steht das Ziel, die natürliche Bewegungsfreude der Kinder zu wecken, zu erhalten und zu unterstützen. Bewegung hat eine sehr hohe Bedeutung für die Entwicklung eines Kindes. Durch Bewegung erobern Kinder ihre Umwelt, gewinnen kognitive, affektive und soziale Erfahrungen und drücken sie aus. Sie nehmen sich selbst und ihre Umgebung deutlicher wahr“, so Schöbi-Fink.

Fotos: Marke Vorarlberg, Matak Studios, unsplash, yan berthemy